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Offener Brief von STOP THE BOMB an das österreichische Außenministerium und die österreichische Bundesregierung

Wien, 27. Mai 2008

An das Bundesministerium für europäische und internationale Angelegenheiten und die österreichische Bundesregierung

Am 19. Februar 2008 hat das österreichische Bundesministerium für europäische und internationale Angelegenheiten unaufgefordert einen Brief an die Plattform STOP THE BOMB – Bündnis gegen das iranische Vernichtungsprogramm geschickt (siehe Anhang). In dem von Thomas Mayr-Harting, dem politischen Direktor des Außenministeriums unterzeichneten Schreiben, wird implizit versucht, die Unterstützung der österreichischen Bundesregierung für Geschäfte mit dem Iran, gegen die sich die Plattform STOP THE BOMB mit Unterstützung von Elfriede Jelinek, Beate Klarsfeld, Leon de Winter, Imre Kertész, Elie Wiesel und über 4.300 weiteren Personen aus über 60 Ländern richtet, zu legitimieren. Aus Anlass dessen, dass sich nach Angaben iranischer Oppositionsgruppen derzeit eine hochrangige Delegation der OMV im Iran aufhält, um über den geplanten 22-Milliarden-Euro-Deal des Konzerns mit dem Regime zu verhandeln, und angesichts der nach wie vor aufrechten Unterstützung dieses Geschäfts durch die österreichische Bundesregierung, erlauben wir uns, Ihnen heute mit nachstehendem offenen Brief auf dieses Schreiben zu antworten.

In Ihrem Schreiben vom 19. Februar an die Plattform STOP THE BOMB stellen Sie in Abrede, dass Österreich eine Appeasement-Politik gegenüber dem iranischen Regime betreiben würde. Doch die Unterstützung der österreichischen Bundesregierung und der Regierungsparteien für den geplanten Milliarden-Deal der OMV mit dem Iran ist noch schlimmer als jenes Appeasement, bei dem irrigerweise geglaubt wird, dem iranischen Regime durch Zugeständnisse Wohlverhalten abtrotzen zu können. Die staatliche Unterstützung des OMV-Geschäfts, die sie in Ihrem Schreiben bewusst nicht thematisieren, ist der Übergang zur offenen Kollaboration mit diesem Regime. Das anvisierte Milliardengeschäft der OMV würde die iranische Theokratie nicht nur zu einem der Haupthandelspartner Österreichs, sondern auch zu einem wichtigen strategischen Partner Europas befördern. Es liegt auf der Hand, dass der Abschluss eines Geschäfts von diesem Ausmaß sowohl einen propagandistischen als auch einen politischen und ökonomischen Erfolg für die islamischen Apokalyptiker im Iran darstellen würde. Zudem werden die Gewinne aus dem Außenhandel erwiesenermaßen auch zur Unterstützung des internationalen Terrorismus verwendet, wovor zuletzt auch die Financial Action Task Force gewarnt hat.

Der Charakter des iranischen Regimes dürfte außer Frage stehen. Sie selbst verweisen auf die eklatanten Menschenrechtsverletzungen, die Vernichtungsdrohungen gegenüber Israel, den Antisemitismus, die Holocaustleugnung und die Verletzungen internationaler Verpflichtungen. Was dieses Regime auch von anderen islamisch geprägten Despotien unterscheidet, ist die Kombination aus einer messianistisch-apokalyptischen islamischen Ideologie, offener Israelfeindschaft und dem Streben nach der Technologie der Massenvernichtung. Der Mullah-Diktatur geht es hinsichtlich des Nahost-Konflikts nicht um eine Verbesserung der Situation der Palästinenser, eine Zwei-Staaten-Lösung oder einen wie auch immer gearteten Ausgleich und Kompromiss, sondern erklärtermaßen um die Vernichtung Israels.

Gegen solch ein Regime kann man sich nicht auf verbale Kritik und minimale Sanktionen beschränken, auf die Sie in Ihrem Schreiben verweisen. Gerade Österreich, das schon einmal am antisemitischen Massenmorden beteiligt war, kann sich nicht auf die „internationale Gemeinschaft“, die Vereinten Nationen oder die EU-Beschlüsse herausreden. Es sollte sich an die Spitze jener stellen, die konsequent gegen das Regime in Teheran vorgehen, nicht an die Spitze jener, die einerseits zwar den Terror der Ajatollahs verurteilen, gleichzeitig aber dafür sorgen, dass Milliardenbeträge in die Staatskasse jener gespült werden, die seit fast 30 Jahren die eigene Bevölkerung drangsalieren, Millionen Iraner und Iranerinnen ins Exil getrieben haben und Israel vernichten wollen.

Stattdessen setzen Sie in Ihrem Schreiben weiterhin auf jenen Dialog, dessen Scheitern in den letzten Jahren überdeutlich geworden ist. Es ist dies ein Dialog, welcher der iranischen Opposition in den Rücken fällt, und der von den iranischen Machthabern ganz offen als Zeitgewinn hinsichtlich ihres Nuklearprogramms bezeichnet wurde. Sie charakterisieren in Ihrem Schreiben vom Februar 2008 die „Zusage des Iran innerhalb von vier Wochen Aufschluss über die noch ungeklärten Fragen der Atominspektoren zu Art und Umfang seines Atomprogramms zu geben“ als einen „positiven Ansatz“ und „ersten Schritt zur Vertrauensbildung“. Einmal abgesehen davon, dass es in den letzten zehn Jahren unzählige solcher „Zusagen“ gegeben hat, die allesamt nichts bewirkt haben, sind wir uns sicher, dass heute, mehr als drei Monate später, auch Sie nicht behaupten wollen, dass der Iran diesem Versprechen nachgekommen wäre.

Das bisherige Verhalten der Bundesregierung deutet darauf hin, dass sie sich der Kritik an ihrer Iran-Politik mit fadenscheinigen Argumenten entziehen möchte. So hat Bundeskanzler Alfred Gusenbauer mehrfach behauptet, bei der OMV handele es sich um ein Privatunternehmen, in dessen Angelegenheiten sich der österreichische Staat nicht einmischen werde. Da selbstverständlich auch der Bundeskanzler weiß, dass die OMV zu über 30 Prozent im Besitz der Republik Österreich ist, und da die Politik bekanntlich die Rahmenbedingungen setzt, unter denen Unternehmen Handel mit anderen Ländern treiben dürfen oder eben nicht treiben dürfen, erscheinen diese Behauptungen als Versuch, sich der politischen Verantwortung für die Geschäfte mit dem Iran zu entziehen und diese Geschäfte gleichzeitig zu befördern.

Wir verlangen von der österreichischen Bundesregierung, ihrer verbal stets artikulierten Solidarität mit Israel in einem Augenblick äußerster Bedrohung auch Taten folgen zu lassen. Wir fordern Sie auf,

– der OMV und anderen österreichischen Unternehmen unverzüglich Ihre Unterstützung für Geschäfte mit dem Iran zu entziehen und unilaterale umfassende Sanktionen zu verhängen
– anstatt eines Dialogs mit dem Mullah-Regime einen Dialog mit jener iranischen Opposition aufzunehmen, die eine wirkliche Alternative zum gegenwärtigen Regime darstellt und für einen säkularen und rechtsstaatlich-demokratischen Iran kämpft.

Mit freundlichen Grüßen
STOP THE BOMB – Bündnis gegen das iranische Vernichtungsprogramm